Laudatio für Nadja Gröschner
Sudenburgerin des Jahres 2012
Ambrosiuskirche, 7. Dezember 2012, gehalten von Pfarrer Konstantin Rost
Liebe Frau Gröschner, liebe Gäste,
Napoleon und Königin Luise, Bürgermeister Popitz und Pfarrer Hesekiel – quietschvergnügt flanierten sie alle miteinander durch den Sudenburger Sommer. Keine sechs Monate ist er nun her, der Festmarkt „1812“. Bei den eisigen Temperaturen heute hier in unserer Kirche bin ich ganz froh, dass ich diese wunderbaren Bilder rund um den sommerlich warmen Johannistag vor Augen habe. „Das neue Sudenburg lebe hoch“ – damit ging es los, der Festumzug und unser zweitägiges Fest. 200 Jahre Sudenburger Geschichte wurde lebendig und zum Anfassen – und was es da alles zu bestaunen gab! Wie man einen Korb flicht oder ein Monokel fabriziert. Wie man filzt und spinnt. Historische Straßenbahnen pendelten zwischen Sudenburg und der Altstadt hin und her. Volkslieder gabs zu hören, Akkordeonmusik und Chansons aus den zwanziger und dreißiger Jahren. Die Kirche war illuminiert, bis in die späte Nacht war Trubel auf der Straße. Ein Fest von großer Unbeschwertheit und Lebensfreude.
All das haben die Magdeburger ganz wesentlich Ihnen, liebe Frau Gröschner, zu verdanken. Sie und Ihr Team von der Feuerwache haben gemeinsam mit anderen Beteiligten ganz erheblich dafür gesorgt, dass 200 Jahre (Neu) Sudenburg mit so viel Kreativität, mit so viel Stil und Feierfreude stattfinden konnte.
Wer wenn nicht Sie hätten gerade in diesem Jahr als Sudenburgerin des Jahres geehrt werden sollen? Seit vielen Jahren prägen Sie unseren Stadtteil in einzigartiger Weise. Mancher würde gar sagen, liebe Frau Gröschner, Sie sind so etwas wie das Energiebündel von Sudenburg! Und so etwas wie Sudenburgs kreatives Herz!
Tausend Dinge könnte ich heute erzählen und werde dabei trotzdem etwas vergessen haben. Vor Augen habe ich die Ausstellung „200 Jahre Neu-Sudenburg – eine Geschichte in 200 Bildern“ in der Feuerwache. Mich hat dabei beeindruckt, wie Sie es schaffen, selbst die ungewöhnlichsten Ausstellungsstücke aufzutreiben! Dinge, die längst vergessen auf verstaubten Dachböden schlummern und seit Jahrzehnten keiner mehr zu Gesicht bekommen hat. Sie haben den Blick für die aus dem Blick geratenen Dinge. Für die Lampen aus dem Kristallpalast, für die Puppen vom Puppendoktor Koch, für die uralten Radios der Firma Montag und die Uhren von Uhren-Meyer.
Vor Augen habe ich auch Ihre Artikel zum 200sten Jubiläum in der Volksstimme. Von den Anfängen Sudenburgs vor über tausend Jahren bis zur heutigen Zeit. Ich denke an Ihre Sudenburgbücher, die Sie gemeinsam mit Dieter Niemann verfasst haben. Und an Ihre gemeinsamen Stadtführungen. Seit 2002 lassen sich Sudenburgs Hinterhöfe bestaunen, die man sonst nicht zu Gesicht bekommt. Überhaupt – Ihre Führungen. Die sind ja mittlerweile fast schon Kult, und das nicht nur in Sudenburg, sondern in der ganzen Stadt und darüber hinaus. Ob es die Magdeburger Villen sind, die Friedhöfe , die Theater, Kinos und Varietés. Oder ob Sie als Madame Pompadour über den Fürstenwall flanieren.
Oft in einem historischen Gewand, meist mit einem hoch beeindruckenden Hut, geht es in Ihren Führungen zwar auch um Architektur und die historischen Fakten. Sie interessiert aber mindestens genauso etwas Anderes. Ein Haus, eine Villa, ein alter Tanzpalast oder ein Kino – das sind nämlich nicht in erster Linie einfach nur Gebäude. Vielmehr sind es Orte, die etwas zu erzählen haben. Orte voller Geschichten. Voll von den kleinen und großen Dramen des Alltags, traurige und lustige Geschichten. Spannend sind die allemal. Und Sie kennen all die Geschichten, die sich hinter Sudenburger und Magdeburger Häuserfronten abgespielt haben. Im Erzählen werden sie lebendig. Sie sehen nicht nur Häuser, sie sehen Geschichten. Und an der Geschichte eines Hauses die Geschichte eines ganzen Stadtteils erzählen.
Ich glaube, dabei ist Ihnen der Blick für die Kleinigkeiten, für die Details ganz wichtig. Dabei das Verborgene zu sehen. Das nicht jedem gleich ins Auge fällt. Neugierig sein auch auf das Unspektakuläre. Im Kleinen und kaum Beachteten das Schöne entdecken. Das Ganze verbinden Sie mit einer guten Portion Humor und der Fähigkeit, andere zu begeistern und mitzureißen. Ihre Lebendigkeit macht andere lebendig, Ihre Begeisterung begeistert.
Wer kann schon alles aufzählen, was hier aufzuzählen wäre? Sudenburg ohne Nadja Gröschner und das Team der Feuerwache – einiges wäre völlig anders! Hätte es die 170 Erzählcafes gegeben, die zwölf Mal im Jahr stattfinden? Würde Sudenburg in die Stadt und darüber hinaus ausstrahlen mit all seinen Konzerten, seinen Lesungen, Ausstellungen? Wie vielen würden die durchtanzten Nächte in der Feuerwache fehlen?
Und seit diesem Jahr haben Sie auch noch die Sprecherin der Sudenburger GWA – Gruppe inne. Nach den Turbulenzen des vergangenen Jahres, die zur Gründung einer eigenen Lemsdorfer GWA geführt haben, ist es gut, dass Sie gemeinsam mit Frau Baake-Ernst das Ganze in ruhigere Fahrwasser führen. Dass dies gelingt – davon bin ich überzeugt.
Sicher wäre noch Unzähliges zu berichten, sicher habe ich nicht alles aufgezählt – aber davon wird es hier in der Kirche auch nicht wärmer. Eine Erinnerung vom Sommer möchte ich noch erwähnen. Für mich war das einer der schönsten Momente des ganzen Festes. Der nächtliche Tanz vor der Kirche. In der Johannisnacht kam nämlich sogar Napoleon in Schwung und selbst Pfarrer Hesekiel wippte von einem Bein zum anderen. Und so viele andere auch. Sudenburg tanzte Tango - mitten in der Nacht. Mitten auf der Straße. Ein Hauch Lateinamerika lag plötzlich in der Luft. Es sind Momente wie diese, liebe Frau Gröschner, für die wir Ihnen heute Danke sagen wollen. Es sind Momente wie diese, die Sie zu unserer „Sudenburgerin des Jahres 2012“ machen. Vielen Dank. Herzlichen Glückwunsch!
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